Erbfälle werfen ständig neue Rechtsfragen auf
Gestorben wird (und wurde schon) immer. Und obwohl die Menschheit nicht erst seit gestern existiert, gibt es nach wie vor Fälle, in denen Gerichte (scheinbar) noch nie dagewesene Erbrechts- Situationen behandeln müssen.
Dabei zeigte sich vor kurzem erneut: Das durchdachteste Testament nützt nichts, wenn bei dessen Aufbewahrung geschludert wird. Ein Verblichener hatte ein handschriftliches Testament verfasst, dieses war allerdings nach seinem Tod nicht auffindbar. Die Erben konnten nur eine Kopie dieses Testaments vorweisen. Gleichzeitig stand fest, dass sich der Verstorbene nach dem Aufsetzen des handschriftlichen Dokuments noch bei einem Notar und einem Juristen zu Erbangelegenheiten beraten hatte lassen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah es deshalb als erwiesen an, dass dieses Dokument noch nicht wirklich den „letzten Willen“ dargestellt haben könne. Für die Ausstellung des Erbscheins wurden deshalb die in der aufgefundenen Kopie festgehaltenen Vorstellungen nicht berücksichtigt – der Fall wurde so behandelt, als läge gar kein Testament vor.
Dass der „letzte Wille“ nicht als vager Wunsch, sondern als zu erfüllende Forderung zu interpretieren ist, zeigt ein Fall aus dem vergangenen Dezember: Hier vermachte eine Mutter zweier Kinder ihrem Sohn eine Immobilie als Alleinerben mit dem Hintergedanken, dass dieser das Objekt im Familienbesitz halten und erhalten solle. Der Beweggrund für diesen Schritt war für die Richter klar ersichtlich. Das andere Kind, die Tochter, wurde quasi enterbt und erhielt nur den Pflichtteil. Der Sohn verkaufte das Gebäude jedoch, woraufhin seine Schwester das Testament der Mutter angefochten hatte. Das Landgericht Wuppertal entschied, dass in diesem Fall die gesetzliche Erbreihenfolge eintreten würde, welche beide Kinder gleichermaßen berücksichtigt. Hier wurde ein sogenannter „Motivirrtum“ festgestellt: Die Motivation der Mutter war, ihren Sohn als Alleinerben einzusetzen, um die Immobilie zu erhalten. Diese Erwartung wurde durch den Verkauf des Objekts aber nicht erfüllt, weshalb die Anfechtung rechtens war.
Hin und wieder werfen Erbschaften auch Detailfragen im Steuerrecht auf. In einem besonderen Fall hatte ein Kläger seinen verstorbenen Bruder zunächst in einem herkömmlichen Grab bestattet, anschließend für über 400.000 Euro ein Mausoleum für ihn errichtet. Dass diese Kosten in „angemessener Höhe“ als Nachlassverbindlichkeiten von der Erbschaftssteuer abgezogen werden dürfen, bestätigte der Bundesfinanzhof. Wichtig sei in diesem Fall, dass der Verblichene zuerst nur provisorisch bestattet worden war, das in Auftrag gegebene Mausoleum jedoch die „letzte Ruhestätte“ darstellt. Was „angemessen“ ist, hängt unter anderem von den persönlichen finanziellen Verhältnissen von Verstorbenen ab, aber auch von eventuellen Bräuchen und Traditionen, welche in ihren Kreisen üblich sind.