Mit passendem Rahmen erleben Präsenztagungen eine Renaissance
Unter Reiseveranstaltern gab es in den letzten Monaten einen generellen Trend: Besonders nachgefragt wurden Angebote, bei denen Menschen zusammen etwas erleben. Darunter fallen u.a. Konzertreisen und geführte Gruppenradtouren – das Covid19-Virus sorgte hier scheinbar für viel Nachholbedarf im Bereich Geselligkeit. Etwas differenzierter muss der Bereich betrachtet werden, in dem man aus beruflichen Gründen zusammenkommt, z.B. zu Tagungen oder Kongressen. Während der Corona-Pandemie waren Präsenzveranstaltungen monatelang nicht möglich, man behalf sich u.a. mit Videokonferenzen. Aktuell zeigt sich: Treffen von Angesicht zu Angesicht haben in der Arbeitswelt nicht ausgedient – gewisse Veränderungen sind jedoch spürbar.
„Die Veranstaltungstage gehen insgesamt zurück, Menschen entscheiden bewusster, ob sie zu Veranstaltungen fahren – dafür geht der Trend aber zu Mehrtagesreisen“, betonte Tilman Naujoks vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO bei der Ergebnispräsentation einer Studie. Schon seit mehreren Jahren untersuchen Wissenschaftler im Rahmen des Projektes „Future Meeting Space“, wie sich die Arbeitswelt zum Austausch trifft. Partner des Instituts ist dabei das German Convention Bureau e.V., eine Vereinigung, welche Deutschland im Ausland als attraktiven Tagungsort vermarkten möchte.
Eines zeigten die Forschungsergebnisse, bei denen über 5000 Arbeitende im In- und Ausland befragt wurden, ganz deutlich: Präsenzveranstaltungen, zu denen man aus beruflichen Gründen reist, dienen der Inspiration. 82 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, dass sie dabei neue Ideen gewinnen, für 74 Prozent stellen sie eine wichtige Abwechslung zum Büroalltag dar. Die Untersuchungen sollen als Wegweiser gelten – für die Veranstaltungsbranche, aber auch für Arbeitgeber. Interessant für letztere Gruppe: Studienteilnehmer, welche prinzipiell gerne auf Reisen gehen, wählten die Möglichkeit, an externen Veranstaltungen teilzunehmen, auf Platz 4 von 17 Faktoren, welche einen Betrieb für sie als Arbeitgeber attraktiv machen.
Für die Anbieter von Veranstaltungslokalitäten könnten folgende Ergebnisse von Bedeutung sein: 60 Prozent der Befragten sehen Sicherheits- und Hygienestandards als Grundvoraussetzung, um an einem Live-Event teilzunehmen. Für 26- bis 35-Jährige sowie internationale Studienteilnehmer spielt die Möglichkeit, am Veranstaltungsort ins Kulturleben eintauchen zu können, eine wichtige Rolle. Ebenfalls relevant für zwei Drittel der Befragten sind die Nutzung klimaschonender Verkehrsmittel und die Kompensation der durch Veranstaltungen entstehenden CO₂-Emissionen. Der letzte Punkt lässt natürlich aufhorchen, denn ehrlicherweise muss gesagt werden: „Quer durch die Republik“ z.B. zu einer Tagung zu reisen, hinterlässt meist einen größeren ökologischen Fußabdruck als ein Online-Event am Bildschirm mitzuverfolgen. Schon jetzt findet laut den Machern der Studie aber ein Umdenken statt: Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber wägen genauer ab, in welchen Fällen ein virtuelles Treffen reicht und wo die oben erwähnte Inspiration eine persönliche Anwesenheit erfordert und längere Strecken „rechtfertigt“.
Aktuell wird in vielen Bereichen zweigleisig gefahren: Bei Hybridveranstaltungen befinden sich Teilnehmer vor Ort, gleichzeitig kann man aber über Live-Streams auch virtuell partizipieren. Dies stellt die Macher solcher Events vor logistische Herausforderungen: Die Räumlichkeiten müssen die nötigen Strukturen und den Platz für das Equipment bieten, um Übertragungen professionell realisieren zu können – gegebenenfalls mit Hilfe externer Dienstleister. Die nötige Technik dafür ist inzwischen nicht mehr nur Fernsehsendern vorbehalten – doch nach wie vor kann sie nur die Inhalte des „offiziellen Teils“ zu den virtuellen Teilnehmern transportieren. Nicht aber die guten Gespräche beim anschließenden Get-Together und das leckere Dessert von Buffet…