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Dienstag, 23 Juli 2024
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Große Schritte oder kleine Schritte (oder einfach mal festkleben)?

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Kann man das Thema „Klimaschutz” noch ernstnehmen?

Am 3. März rufen Klimaschützer zum Weltklimastreik auf. Wenn bei dieser Ankündigung manchem Leser die Zornesröte ins Gesicht steigt, habe ich dafür ehrlich gesagt Verständnis – angesichts der Art und Weise wie „Klimaschutz” inzwischen teilweise ausgelegt und gelebt wird.

Dass ein besserer Schutz von Klima und Umwelt nötig ist, soll an dieser Stelle nicht bestritten werden. Die Neumarkter Initiative „People for Future” (PfF), welche sich vor rund zwei Jahren aus der Schülerbewegung „Fridays for Future” bildete und auch Vertreter der älteren Generationen umfasst, hat zum bevorstehenden Streik Daten zusammengetragen, welche die Dringlichkeit untermauern sollen: „Die zurzeit von den Regierungen geplanten Maßnahmen führen zu einer Erderwärmung von mindestens 2,5 Grad und sind damit weit von dem 2015 in Paris beschlossenen 1,5-Grad-Ziel entfernt”, betont PfF-Mitglied Maria Eder-Poll. Die Auswirkungen zeigen sich bereits in Satistiken: „Wir erleben Hitzeperioden, die wir eigentlich erst in ein paar Jahrzehnten erwartet hätten”, so Andreas Becker vom Deutschen Wetterdienst DWD.

Was die „People for Future”  regelmäßig bemerken: Klimaschutz spielt im ländlichen Raum in vielen Köpfen eine kleinere Rolle als z.B. in Großstädten. Dabei seien gerade hier – wo ein Teil der menschlichen Nahrung erzeugt wird – schon erste Folgen spürbar. „Ein uns bekannter Landwirt hat 2022 nur ein Zehntel der erwarteten Sojaernte eingefahren. Ein anderer kann keine Kartoffeln im Hofverkauf mehr anbieten – bedingt durch die anhaltende Dürre im Vorjahr”, erzählt Eder-Poll. Das Argument „Schlechte Ernten gab es schon immer”  sei zwar korrekt, „aber doch nicht über Jahre hinweg, mit immer gleichen Vorzeichen wie Trockenheit, Hitze und Unwetter.”

Letztendlich propagieren die “People for Future” neben einer dezentralen Energieversorgung vor allem ein Umdenken in den Köpfen: Jeder sollte sich ständig selbst hinterfragen – nach dem Motto „Brauche ich das wirklich?”. Zudem sollten Kommunen mit ihren Bürgern gemeinsam Klimaschutz-Konzepte erarbeiten. Ein positives Beispiel sieht PfF in der Stadt Münster, wo angeblich bereits 71 % aller Wege mit Bahn, Bus, Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden.

Wasser predigen, Wein trinken?

Aktuell finden einige „Klimaschutz”-Aktionen statt, welche nicht nur beim Autor dieses Artikels Kopfschütteln hervorrufen. Wenn sich Anhänger der „letzten Generation” auf Straßen festkleben, wollen sie damit offiziell aufrütteln. Tatsächlich erhöht diese Art des Protests erstmal den CO₂-Ausstoß, da viele der blockierten Fahrzeuge mit laufenden Motoren warten. Die Neumarkter „People for Future” spüren allgemein eine „Verzweiflung der jungen Generation” und damit verbunden eine “Wut, die sich gegen alle und alles richtet, was an Lebensgrundlagen zerstört wurde”. Ob diese Wut jedoch Sachbeschädigungen, Verkehrsverstösse & Co. rechtfertigt, fragen sich aktuell nicht wenige Durchschnittsbürger. Gerade die „extremen Klimaschützer” stehen teilweise in der Kritik, Wasser zu predigen, aber Wein zu trinken, sprich: Vorteile zu nutzen, welche die „zerstörerische”  Eltern- und Großelterngeneration für den Nachwuchs erst möglich machte.

Ein weiteres Problem: Klima- bzw. Umweltschutz wird inzwischen oft als fadenscheiniges Argument genutzt – zum einen von Unternehmen zum Verkauf ihrer Produkte, zum anderen von Privatleuten. Wenn bei einem Ort z.B. Windkraftanlagen geplant sind, wird schnell Kritik an der „Zerstörung der Natur” laut – die jedoch auch aus vielen Mündern ebenso schnell verstummt, wenn sich abzeichnet, dass der Windpark nicht mehr am eigenen Dorf, sondern beim Nachbarort entstehen soll.

Auch die Politik sendet teils widersprüchliche Signale. Hausbesitzer sollen z.B. bei Sanierungen zahlreiche Vorschriften zur Minderung des Energie- und Rohstoffverbrauchs beachten. Doch die Wasserzähler müssen hierzulande alle 6 Jahre erneuert werden, weil die Eichfrist abläuft – obwohl laut Studien auch nach 15 Jahren Laufzeit die minimalen „Ungenauigkeiten” keine Verschrottung der alten Zähler rechtfertigen. Selbst wenn zahlreiche Geräte recycelt werden, lassen solche Vorschriften Diskussionen um Ressourcenknappheit schnell absurd wirken.

Es sind viele kleine und große Ungereimtheiten und Inkonsequenzen, welche selbst motivierten Zeitgenossen die Lust am Thema „Klimaschutz” nehmen können. Mein ehrlicher Respekt gilt jedem, der trotzdem nicht resigniert und im Alltag kleine, aber wirksame Schritte geht – anstelle undurchdachte große zu machen oder sich (mit oder ohne Sekundenkleber) komplett unbeweglich zu zeigen.

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