Berlin (dpa) – Die Kriminalitätsbelastung ist im vergangenen Jahr auch an einigen deutschen Bahnhöfen hoch gewesen, die nicht zu den Stationen mit den meisten Reisenden und Besuchern zählen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion hervorgeht, gehörte beispielsweise der Nürnberger Hauptbahnhof 2022 zu den drei Bahnhöfen, an denen die Bundespolizei die meisten Sexualdelikte, Gewaltverbrechen und Eigentumsdelikte erfasst hat.
Am Hauptbahnhof in Dortmund wurden im gleichen Zeitraum mehr Waffendelikte und Straftaten im Zusammenhang mit Drogen registriert als an jedem anderen deutschen Fernbahnhof. Auch der Düsseldorfer Hauptbahnhof zählt laut Bundesregierung bei diesen zwei Deliktgruppen zu den am stärksten belasteten Bahnhöfen. Mehr als 23.000 Gewaltdelikte stellte die Bundespolizei nach eigenen Angaben 2022 an deutschen Bahnhöfen und in Zügen fest.
Kölner Hauptbahnhof besonders betroffen
Der Hauptbahnhof von Hannover landete bei der Zahl der Gewaltdelikte im vergangenen Jahr auf dem zweiten Platz – nach Hamburg und vor Nürnberg – und belegte bei den Waffendelikten Platz drei. Die meisten Eigentumsdelikte und Sexualstraftaten stellte die Bundespolizei den Angaben zufolge am Kölner Hauptbahnhof fest.
Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, weiter mitteilte, wurden 529 Polizistinnen und Polizisten der Bundespolizei im vergangenen Jahr an Bahnhöfen und in Zügen verletzt, davon waren 68 Beamte dienstunfähig.
Der bundesweit am stärksten frequentierte Bahnhof ist nach Auskunft der Deutschen Bahn (DB) der Hamburger Hauptbahnhof mit durchschnittlich rund 537.000 Reisenden und Besuchern pro Tag, gefolgt von den Hauptbahnhöfen Frankfurt am Main und München. Der Berliner Hauptbahnhof belegt mit rund 329.000 Menschen pro Tag Rang vier. Am Kölner Hauptbahnhof werden täglich rund 318.000 Fahrgäste und Besucher gezählt. Hannover belegt Platz sieben, Düsseldorf mit rund 246.000 Menschen pro Tag Platz zehn. Der Nürnberger Hauptbahnhof zählt nicht zu den zehn Bahnhöfen mit dem größten Andrang.
Abweichende Daten
Die Angaben zur Kriminalität an Bahnhöfen entstammen der Polizeilichen Eingangsstatistik der Bundespolizei, daher weichen sie von den Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik ab, bei der die Erhebung nach Abschluss der Ermittlungen durch die Polizei erfolgt.
Einfluss auf die Zahl der festgestellten Delikte hat zudem die Kontrolldichte am jeweiligen Bahnhof. Ein Vergleich der Daten mit dem Vorjahr ist wenig aussagekräftig, da die Corona-Schutzmaßnahmen 2021 noch erheblichen Einfluss auf die Mobilität hatten – und damit auch auf die Zahl der Menschen im öffentlichen Raum.
«Es ist inakzeptabel, dass Reisende an deutschen Bahnhöfen und in Zügen nicht mehr sicher sind», kommentierte der AfD-Abgeordnete Martin Hess. Er forderte mehr Polizeipräsenz an Bahnhöfen.
Eine Bahnsprecherin sagte, neben den Bundespolizisten sorgten auch rund 4300 Sicherheitskräfte der DB für die Sicherheit von Fahrgästen, Besuchern und Mitarbeitern. «Neben dem Sicherheitspersonal stellt die Videoüberwachung eine weitere Säule des Sicherheitskonzepts der Bahn dar», fügte sie hinzu. Die Zahl der Kameras werde von derzeit rund 9000 Kameras bis Ende 2024 auf etwa 11.000 Videokameras erhöht. Die Sprecherin betonte: «Nur die Bundespolizei hat Zugriff auf gespeicherte Bilder.»
Insgesamt sei zwar eine «kontinuierlich sinkende Hemmschwelle für Gewalt in der Gesellschaft» zu beobachten. Trotzdem seien die Bahnhöfe, an denen rund 21 Millionen Menschen pro Tag zusammenkämen, insgesamt sicherer als der restliche öffentliche Raum.
In der Bundesregierung läuft derzeit die Abstimmung für eine Reform des Bundespolizeigesetzes. Ein kontroverser Punkt dabei ist die Frage, welche Räume die Polizei an den Bahnhöfen nutzen kann.