So gelingt der Schulanfang
“Manche Dinge ändern sich nie”, stellte ich fest, als ich vor wenigen Tagen in einem Schreibwarengeschäft den Blick über die Regale schweifen ließ: Ich könnte schwören, dass der “Kieser-Block DIN A4 mit Lineatur 3” noch genau so aussieht wie das Exemplar, das ich vor über vier Jahrzehnten mit ins Klassenzimmer brachte – er hat nach wie vor diese markanten orangenen Seitenstreifen auf dem Deckblatt und drinnen jede Menge Platz für die geistigen Ergüsse von Grundschülern. Was sich seit meiner Schulzeit auch nicht geändert hat: Eltern haben alle Hände und Geldbeutel voll zu tun, den Nachwuchs gut ausgestattet ins Klassenzimmer zu schicken. Zu den Verbrauchsmaterialien für den Unterricht kommen Anschaffungen, welche nicht bei jedem Schulanfang neu getätigt werden müssen, aber dennoch regelmäßig nötig sind, weil die “lieben Kleinen” von der 1. Klasse bis zum Ende der Schulzeit oft über sich hinauswachsen – wortwörtlich. Das erfordert dann neue Kleidung, Schuhe für den Schulalltag und den Sportunterricht und irgendwann ist die Büchertasche mit Motiven der Lieblingsserie, welche der ABC-Schütze gestern noch voller Stolz trug, plötzlich zu “uncool” für die Verwendung. Manche Eltern greifen schon zu neutralen Ranzenmodellen, welche sich mit Klett-Stickern an den wechselnden Geschmack des Sprösslings anpassen lassen.
Zwischen 200 und 600 Euro können pro neuem Schuljahr in die Grundausstattung für Schüler fließen, hinzu kommen Kosten für Lehrbücher, Kopierzuschüsse und Klassenausflüge. Von Bundesland zu Bundesland gibt es hier Unterschiede, in Hessen werden beispielsweise Schulbücher gestellt, in Berlin müssen ab der 7. Jahrgangsstufe die Eltern Zuschüsse zahlen.
Was sich über die Jahre durchaus geändert hat: Der Schulbeginn wird auch in Bayern öfter groß gefeiert. Hier spielt u.a. der Zuzug von Familien aus der ehemaligen DDR eine Rolle. Dort wurde die Einschulung von Kindern teilweise ähnlich groß zelebriert wie “im Westen” Konfirmation oder Kommunion. Dieser Brauch wird “importiert” und die Eltern der ABC-Schützen laden auch weiter entfernt wohnende Angehörige zu diesem Anlass ins eigene Zuhause oder in Restaurants ein.
Nochmal zurück zu meiner Schulzeit: Ich kann mich dunkel erinnern, dass die Lineatur auf den Schreibblöcken mit den Jahrgangsstufen variierte: Standen anfangs noch zwei oder drei Referenzlinien für das Erlernen einer schönen Schreibschrift zur Verfügung, wurde irgendwann nur noch ein dünner Unterstrich daraus. Nichts davon verhinderte jedoch, dass meine Handschrift im Lauf der Jahre in etwas abdriftete, das mancher Betrachter schon als altgermanische Runen identifizierte. Meine Erstklasslehrerin bemängelte damals: “Ulrich achtet nicht auf die Linie.” Auch das ist so ein Ding, das sich seitdem überhaupt nicht verändert hat – abgesehen davon, dass es inzwischen nicht mehr nur das Schreiben betrifft…