Azubis und ihre IT-Kenntnisse
Das Einfügen einer weiteren Tabellenzeile klappt problemlos, für das Einbinden der Quersummenfunktion muss man jedoch das Hilfemenü öffnen. Dies könnte man wohl in einem Lebenslauf als „Grundkenntnisse“ des Programms Excel aufführen – als mehr aber auch nicht. Derart realistische Selbsteinschätzung ist jedoch nicht immer an der Tagesordnung. In einer Umfrage des Portals CVapp gaben rund 78 Prozent der Befragten an, in ihren Bewerbungen nicht die volle Wahrheit über ihre Kompetenzen zu schreiben. Das betrifft oft auch die zu hohe Bewertung eigener Fähigkeiten bezüglich Software-Anwendungen wie Word, Excel und PowerPoint. Arbeitgeber setzen deshalb mittlerweile verstärkt auf Tests, um die tatsächliche Qualifikation der Bewerber zu überprüfen.
Was die aktuellen Schulabgänger betrifft, könnte man meinen: Dieser Generation braucht im IT-Bereich niemand mehr etwas beizubringen. Doch hier muss man differenzieren: „Wenn es darum geht, in Social Media zu navigieren oder Instagram-Posts zu veröffentlichen, sind die meisten Jugendlichen als Nutzer technisch kompetent“, meint Karlheinz Dölle, Leiter des Ostendorfer Gymnasiums Neumarkt. Dies bedeute aber nicht automatisch, dass sie den Umgang mit den obengenannten Standard-Office-Anwendungen beherrschen. Nicht nur sind diese Programme komplexer zu bedienen als die meisten beliebten Smartphone-Apps, auch das korrekte Sammeln, Bearbeiten und letztendlich das Bewerten von Daten wollen gelernt sein. Dies ist inzwischen elementarer Bestandteil von Lehrplänen. Im neunstufigen Gymnasium wird quasi ab der 6. Klasse in unterschiedlichster Weise Informatik gelehrt – das beinhaltet den Umgang mit gängiger „Bürosoftware“, jedoch z.B. auch die Programmierung kleiner Roboter.
Das Thema „IT im Unterricht“ hat eine lange Entwicklung hinter sich. Noch in den 1990er Jahren kannte mancher Abiturient den Computerraum seiner Schule nur vom Hörensagen und eignete sich seine für den späteren Beruf wichtigen Office-Kenntnisse letztendlich auf eigene Faust am heimischen Rechner an.
Im Realschulbereich ist IT-Unterricht seit 20 Jahren essenziell. „Wir arbeiten mit Textverarbeitungs- und Präsentationssoftware bereits ab der 5. Klasse und mit einem Tabellenkalkulationsprogramm ab der 7. Klasse“, erklärt Sabine Söllner-Gsell, Leiterin der Knabenrealschule Neumarkt. Ab dem kommenden Schuljahr gibt es zudem die Möglichkeit, an einer freiwilligen Abschlussprüfung in IT teilzunehmen.“ Dabei bearbeiten die Schüler Wahlmodule, zu denen z.B. technisches Zeichnen mit Software oder das Codieren von Algorithmen gehören kann.
Ab der 9. Klasse lernen die Ostendorfer-Gymnasiasten mit IPads, welche in vielen Bereichen klassische Hefte und Lernmaterialien ersetzen. Auch das Schreiben von Bewerbungsunterlagen am Computer wird trainiert – an der Neumarkter Knabenrealschule u.a. in der 8. und 9. Jahrgangsstufe. Beim Start in Ausbildung oder Studium müssen dann oft weitere Kenntnisse branchenspezifischer Programme erworben werden. Doch natürlich gibt es weiterhin Jobs, in denen Arbeiten am Bildschirm sehr marginal stattfindet. Auch deshalb legt Karlheinz Dölle darauf Wert, dass trotz Digitalisierung gerade in den niedrigeren Klassenstufen einige Projekte mit handgefertigten Plakaten, Papierkärtchen & Co. realisiert werden.


 
                                    


