Wenn der Azubi mit einem Mentor Hürden meistert
Es ist nicht unter den Tisch zu kehren: Neben den zahlreichen Fällen, in denen Ausbildungen erfolgreich verlaufen und junge Fachkräfte hervorbringen, gibt es auch immer wieder Ausbildungsverhältnisse, in denen Probleme auftauchen. Kurz nach Beginn des ersten Jahres stellt sich womöglich heraus: Der Azubi nimmt es mit der Zuverlässigkeit nicht so genau, hat einen Nachholbedarf beim Schulwissen oder ist mit unrealistischen Vorstellungen über den späteren Beruf gestartet. Für Auszubildende mit besonderem Unterstützungsbedarf bietet die IHK Nürnberg für Mittelfranken in Zusammenarbeit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) erneut das Projekt „Azubi-Coaching“ an. Noch bis Mitte Dezember können Ausbildungsbetriebe Azubis, bei denen sich bereits zu Beginn der Ausbildung fachliche oder persönliche Schwächen zeigen, anmelden. Das Programm ist kostenfrei und besteht aus sieben ganztägigen Workshops, in welchen Grundkompetenzen wie Kommunikation, Lern- und Präsentationstechniken sowie fachliche Kompetenzen aus den Bereichen Mathe, Deutsch und Wirtschaft im Fokus stehen. Dabei werden die Teilnehmenden von professionellen Trainern betreut.
Der zweite Teil des Projekts setzt auf individuelle Begleitung: Hierfür bekommen die Azubis im Rahmen eines “Matchings” jeweils einen Studierenden der Wirtschaftswissenschaften der FAU Erlangen-Nürnberg an die Seite gestellt, welcher im ersten Ausbildungsjahr als eine Art Mentor agiert. Dies geschieht im Rahmen von regelmäßigen Coachingsitzungen, letztendlich sollen die Studierenden aber auch fernab dieser fixen Termine Ansprechpartner für die Azubis sein und bei persönlichen Treffen helfen, die Hürden der Ausbildung zu meistern. Einige Ausbildungsbetriebe stellen dafür Örtlichkeiten zur Verfügung, auch ein Gespräch auf “neutralem” Gebiet wie z.B. einem Café ist aber möglich und durchaus erwünscht – dieser Rahmen erlaubt nicht selten einen zwangloseren Austausch.
Laut Jonas Gruß, welcher das Projekt seitens der IHK leitet, ist ein wichtiger Vorteil: Die Azubis bekommen mit den Studierenden Begleiter an die Seite gestellt, welche im Gegensatz zu den Eltern oder Vertretern des Ausbildungsbetriebes eine neutrale und externe Bezugsperson darstellen. Die Tatsache, dass diese Mentoren meist annähernd derselben Altersgruppe wie die Auszubildenden angehören, kann sich positiv auf das persönliche Verhältnis auswirken. Dies vermittelt im Optimalfall das Gefühl „Hier hilft mir jemand, der sich nicht in einem anderen Lebensabschnitt befindet als ich“. Auch die Studierenden profitieren und erhalten z.B. Einblicke, wie berufliche Bildung außerhalb einer Hochschule – im dualen System – stattfindet.
Bei den teilnehmenden Studierenden handelt es sich größtenteils um angehende Pädagogen im Wirtschaftsbereich, eine Affinität zum Arbeiten mit Menschen sollte also durchaus vorhanden sein. Für die Betreuung der Azubis werden sie noch in speziellen Seminaren vorbereitet. Dabei wird vermittelt, wie man die Auszubildenden möglichst „auf Augenhöhe“ unterstützen kann und wo man auf externe Hilfe setzen sollte – wenn sich zum Beispiel psychische Probleme auftun, welche Psychologie-Profis benötigen.
Das Programm gibt es schon über ein Jahrzehnt, in der Vergangenheit konnten zahlreiche „drohende“ Ausbildungsabbrüche im ersten Jahr vermieden werden. In den vergangenen Projektjahren nahmen durchschnittlich 14 bis 15 Azubis daran teil – das tatsächliche Coaching beginnt dabei nach der offiziellen Probezeit. Eine erfreuliche Randerscheinung laut Jonas Gruß: Hin und wieder bildet sich im Gespann Azubi-Studierender etwas, was auch nach dem offiziellen Ende des Programms als eine Art Freundschaft weiterexistiert.






