Die Brennnessel ist Heilpflanze des Jahres 2022
Nicht nur Kinder machen einen großen Bogen um die Pflanze, deren lateinischen Namen Urtica dioica wohl kaum jemand kennt, deren Wirkung aber fast jeder schon einmal erlebt haben dürfte: Die Brennnessel! Ihr Name kommt daher, dass sie bei der direkten Berührung mit der Haut einen stechenden Schmerz verursacht und eine Hautrötung hinterlässt, die für einige Minuten einen unangenehmen Juck- und Brennreiz verursacht. (Brennen heißt auf Latein „urere“, wovon der botanische Name Urtica abgeleitet ist.) Diese Hautrötungen werden auch als Quaddeln bezeichnet. Brennhaare nennt man die Organe der Pflanze, durch die das Gift ausgesondert wird. Sie befinden sich überwiegend auf der Blattoberseite. Bei Kontakt bohren sie sich in den „Angreifer“ und brechen ab. Durch den entstandenen Druck schießt der Giftstoff aus der Spitze der Härchen heraus und verursacht das brennende Gefühl auf der Haut.
Die Brennnessel hat sich diese Eigenschaft zur Selbstverteidigung gegenüber Fressfeinden angeeignet. Vor allem Schmetterlingen bietet sie ein lebenswertes Habitat und Nahrungsquelle. Um dem schmerzhaften Gift der Brennnessel zu entgehen, haben die Raupen eine ausgeklügelte Taktik entwickelt. Sie fressen sich entlang der Blattadern, an denen sich keine Haare befinden, quasi um die drohende Gefahr herum. Ein zusätzlicher Vorteil für die gefräßigen Raupen ist, dass keine Säure austritt, sobald die Härchen an der Wurzel abgebissen werden.
Bereits seit Jahrtausenden sind die Heilkräfte der Brennnessel bekannt und finden vielfach Anwendung in der Naturheilkunde. Primär werden die Blätter, Samen, Pollen und Wurzeln der Pflanze verwendet. Als Saft oder in Form von Brennnesselgerichten hilft die Einnahme bei der Stärkung des Immunsystems, unterstützt die Eisen- und Eiweißzufuhr und wirkt gegen Stress oder bei Schmerzen, zum Beispiel durch Rheuma oder Arthrose. Die Brennnessel kann auch in der Küche variantenreich eingesetzt werden. Sie kann zu Pesto oder Kräuterbutter verarbeitet werden, eignet sich für Smoothies oder als Gewürz. Es gibt zahllose Rezepte und fast alle Teile der Pflanze können verwertet werden.
Im Mittelalter wurde die Brennnessel sogar zur Fasergewinnung genutzt. Ihre Beschaffenheit eignete sich hervorragend für die Produktion fester Stoffe, Netze oder Stricke. Mit der voranschreitenden Industrialisierung wurde die Nutzung der Brennnesselfasern allerdings nach und nach aufgegeben, da sich die Zusammensetzung der Bastfasern für eine maschinelle Nutzung nicht eignete. Mittlerweile jedoch gibt es innovative Züchtungen und die Brennesselfasern finden seit einigen Jahrzehnten wieder neu Verwendung. Die Brennnessel hat ihr schlechtes Image also zu Unrecht!