Von Aleksandra Bakmaz, dpa
Hohenstein (dpa) – Drei Krisen hat Johannes Schwörer als Fertighaus-Bauer schon hinter sich. Die erste um die Jahrtausendwende mit Insolvenzen großer Bauunternehmen. Die zweite Mitte der 2000er Jahre mit der Abschaffung der Eigenheimzulage. Die dritte war die Finanzkrise 2008. Eine vierte zeichnet sich ab. Seit Anfang des Jahres sei es ungemütlicher geworden, berichtet der Geschäftsführer von SchwörerHaus, das im schwäbischen Hohenstein sitzt. Dafür verantwortlich: «Fördermittelchaos, gestiegene Bauzinsen und Inflation.»
Die «Multi-Krise» nennt es das Unternehmen. Angefangen damit, dass es so gut wie keine Zuschüsse mehr für Neubauten gebe, so Schwörer. Die aktuelle Förderung mit dem sperrigen Namen «Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude» – auch QNG genannt – sei komplex und in den Details noch nicht abschließend geregelt.
Die gestiegenen Bauzinsen, die seit Jahresbeginn auf knapp vier Prozent geklettert sind, machen es möglichen Häuslebauern nicht gerade leichter. Gestiegene Baupreise tun ihr übriges. Die Kreditanfragen gehen zurück. Das beobachtet auch Jan Winck, der für den Finanzdienstleister Dr. Klein Kunden im Allgäu betreut. «Bei mir im Büro platzen Eigenheimträume gerade wie Seifenblasen», berichtet er mit Blick auf die vergangenen Wochen. Die rosigen Zeiten seien aktuell definitiv vorbei.
Große Verunsicherung
«Vier Prozent wirken viel, weil man Zinssätze um einen Prozent herum gewöhnt war», sagt Schwörer, der seit 1998 an der Spitze des Familienunternehmens sitzt. Dies sei aber relativ gesehen immer noch ein sehr vernünftiger Zinssatz.
Die Verunsicherung durch die Inflation wiege für seine Branche schwerer. «Es ist ganz wichtig, dass man den Endverbraucher nicht so verunsichert, dass er sich total ins Schneckenhaus verzieht und gar nichts mehr macht», sagt er. Dies würde dann noch viel mehr Wirtschaftszweige betreffen.
Seine Branche spüre die Zurückhaltung am Markt mittlerweile deutlich. «Die Vertriebszahlen sind deutlich rückläufig», sagt Schwörer. «Das macht noch nichts, weil wir einen großen Auftragsbestand haben», so der 55-Jährige. Doch auch der sei irgendwann abgearbeitet.
Im Schnitt verkauft Schwörer 1000 Häuser im Jahr. 2021 verkaufte das Unternehmen sogar 1200. Nun rechnet der Häuslebauer nur noch mit 700 Vertragsabschlüssen für 2022. Auch andere Fertighausanbieter berichten von deutlich weniger Aufträgen.
Langer Weg
Etwa 300.000 Euro müssen Bauherren für ein Fertighaus in Holzständer-Bauweise bezahlen. Dafür gibt es bei vielen Unternehmen eine Festpreisgarantie. Weil die Hauswände schon im Werk gefertigt werden, dauert der Aufbau vor Ort nur wenige Tage. Doch davor liegt ein langer Weg mit Anträgen für die Baugenehmigung, Gutachten und Planungen. So dauert es etwa bei Schwörer 18 Monate bis das Haus ausgeliefert wird.
Weniger Nachfrage heiße nicht, dass die Preise fallen werden, so der Fertighaus-Bauer. Dafür seien Materialpreise einfach zu hoch. Auch der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) sieht das ähnlich. Einzelne Produkte wie Holz seien günstiger geworden, weil die weltweite Nachfrage abgenommen habe, sagt BDF-Präsident Mathias Schäfer. «Ob das ein langfristiger Effekt ist, können wir jetzt nicht sagen.»
Fast jedes vierte (23,1 Prozent) neu gebaute Ein- oder Zweifamilienhaus in Deutschland wird laut dem Bundesverband mittlerweile in Fertigbauweise errichtet. Seit der Jahrtausendwende steigt der Marktanteil kontinuierlich an. Damals lag er noch bei 13,5 Prozent.
Auch der Ruf der früher als Kataloghäuser verpönten Bauten verbessert sich stetig. Die meisten werden individuell geplant. Was sie laut dem Bundesverband klimafreundlich macht, ist der nachwachsende Rohstoff Holz. Der sorge auch für eine gute Dämmung.
Vor allem die Bauherren in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern setzen auf Fertighäuser. In diesen Bundesländern sitzen auch die meisten Unternehmen, sagt Verbandspräsident Schäfer. Doch auch der Anteil im Westen und Norden nehme immer weiter zu.