Brüssel/Berlin (dpa) – Der Füllstand der deutschen Erdgasspeicher nähert sich trotz der stark reduzierten Liefermengen aus Russland der 85-Prozent-Marke. Wie aus im Internet veröffentlichten Daten der europäischen Gasspeicher-Betreiber hervorgeht, lag der Füllstand am Sonntagmorgen bei 80,14 Prozent. Der Füllstand wird immer erst mit Verzögerung gemeldet.
Eine neue Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. Oktober zu mindestens 85 Prozent gefüllt sein müssen. Am 1. November sollen es mindestens 95 Prozent sein. Die zum 1. September vorgeschriebenen 75 Prozent waren mehr als zwei Wochen früher erreicht worden.
Der Geschäftsführer des sogenannten Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE), Torsten Frank, fürchtet, dass Deutschland nicht alle seine Gasspeicher wie gesetzlich gefordert füllen kann. «Wir werden viele Speicher bis zum November zu 95 Prozent füllen können, aber nicht alle», sagte er der «Rheinischen Post». Eine bundesweite Gasmangellage erwarte er jedoch nicht. «Es kann aber gegebenenfalls regionale Mangellagen geben, das lässt sich leider nicht ausschließen.» Für die privaten Haushalte ist er aber zuversichtlich: «Wir kommen mit dem Einspeichern und Sparen gut voran. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die privaten Haushalte in diesem Winter nicht frieren müssen.»
Einige Gasspeicher könnten Zielvorgaben verfehlen
Obwohl die Befüllung der deutschen Gasspeicher nach Einschätzung der Bundesnetzagentur insgesamt gut vorankommt, könnten einige wichtige Speicher die Vorgaben zum Füllstand im Winter verfehlen. «Die Gasspeicher in Deutschland werden mit einer bewundernswerten Geschwindigkeit befüllt», sagte der Präsident der Netzagentur, Klaus Müller, am Dienstag. Schon heute seien drei Viertel der Speicher zu mehr als 80 Prozent befüllt. Zum 1. Oktober ist ein Füllstand von 85 Prozent per Verordnung vorgegeben, zum 1. November müssen es 95 Prozent sein.
Allerdings seien «knapp zwei Handvoll» der Speicher bisher nicht gut gefüllt, räumte Müller ein, darunter strategisch wichtige im Süden sowie der bundesweit größte im niedersächsischen Rehden, wo die Befüllung aus physikalischen Gründen nicht schneller vorangetrieben werden könne. «Darum werden wir nicht für alle Speicher die 95 Prozent garantieren können», sagte Müller. «Aber hier gilt: Jeder Kubikmeter Gas zählt. Dank der Bundesregierung können wir gerade viel Geld investieren, um auch Rehden zu befüllen. Wir tun das mit der maximal möglichen Geschwindigkeit.»
Die Bundesnetzagentur hatte den Speicher in Rehden im Frühsommer als Treuhänderin von Gazprom Germania übernommen, als die Befüllung bei weniger als einem Prozent lag. Mittlerweile ist er zu mehr als 60 Prozent gefüllt.
Russland hatte zuletzt angekündigt, Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 Ende August für drei Tage zu unterbrechen. Vom 31. August bis zum 2. September werde wegen Wartungsarbeiten kein Gas nach Deutschland fließen, hatte der Staatskonzern Gazprom mitgeteilt. Danach sollten täglich wieder 33 Millionen Kubikmeter Erdgas geliefert werden. Das entspricht den 20 Prozent der täglichen Maximalleistung, auf die Russland die Lieferung schon vor einigen Wochen verringert hat.