München (dpa/lby) – Die fetten Jahre für den bayerischen Fiskus gehen zu Ende. Im laufenden Jahr werden der jüngsten Steuerschätzung zufolge die Einnahmen noch einmal kräftig sprudeln. 1,3 Milliarden Euro mehr sollen in den Staatssäckel fließen, als noch im Frühjahr angenommen. Dafür werden im kommenden Jahr 600 Millionen und im Jahr 2024 noch einmal 200 Millionen weniger als noch im Mai dieses Jahres prognostiziert, kündigte Finanzminister Albert Füracker am Freitag in München an.
Für 2023 will Füracker in Bayern trotz der prognostizierten Mindereinnahmen ohne zusätzliche Schulden auskommen. Der bayerische Finanzminister bekannte jedoch, die Schätzungen – schon für 2022 und erst recht für die Folgejahre – seien mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden. «Es ist das Ziel, die Schuldenbremse einzuhalten», sagte Füracker.
«Wir warten alle darauf, was der Bund beschließen wird, in Sachen Abwehrschirm», sagte er am Freitag. Die erhebliche Teuerung treffe Menschen und Unternehmen – aber eben auch den Staat, etwa bei Energie- und Bewirtschaftungskosten oder bei Baumaßnahmen.
Die Steuerschätzung des Bundes, die für die Jahre bis 2026 im Vergleich zur Frühjahrsprognose um 126 Milliarden Euro höhere Einnahmen vorsieht, hält Füracker für «sehr, sehr optimistisch».
Das errechnete Minus für das kommende Jahr resultiere neben der allgemeinen wirtschaftlichen Eintrübung auch aus den zahlreichen in Aussicht stehenden Entlastungen für die Menschen und die Unternehmen – diese müssen einkalkuliert werden», sagte Füracker. Jedoch sei immer noch nicht klar, was der Rettungsschirm der Bundesregierung genau vorsehe.
Die Mai-Steuerschätzung hatte Bayern für 2023 noch ein dickes Plus bei den Einnahmen von 2,4 Milliarden Euro vorausgesagt – verglichen mit der von der Corona-Krise geprägten Prognose vor rund einem Jahr.
Am Donnerstag hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin die Steuerprognose für Bund, Länder und Kommunen bis 2026 vorgestellt. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen bis 2026 rund 126,4 Milliarden Euro mehr einnehmen als noch im Mai erwartet. In diesem Jahr sollen die Steuereinnahmen aber um 1,7 Milliarden Euro geringer als vorhergesagt ausfallen. Basierend auf diesen Zahlen wurden im nächsten Schritt am Donnerstagabend die regionalisierten Zahlen für Bayern errechnet.
Deutschland stehe nach allen Prognosen am Beginn einer Rezession und niemand wisse, welche Herausforderungen in den nächsten Monaten noch auf das Land zukommen, der Staat habe hohe ungeplante inflationsbedingte Mehrausgaben, etwa bei staatlichen Baumaßnahmen und bei Energie- und Bewirtschaftungskosten, sagte Füracker. «Diese erheblichen Prognose-Risiken müssen wir uns deutlich bewusst machen. Zurückhaltung und vorausschauende Planung müssen unser Leitmotiv sein.»
Spannend wird sein, wie Füracker diese Maßgabe bei der anstehenden Haushaltsklausur der Staatsregierung gegen die Wünsche und Forderungen der Minister um Regierungschef Markus Söder (CSU) durchsetzen kann. Immerhin wird in Bayern im kommenden Jahr gewählt – und da zeigt sich eine Regierung ungern knauserig.
Auch Lindner hatte darauf hingewiesen, dass die Schätzergebnisse von hoher Unsicherheit geprägt seien. Die Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung seien groß, insbesondere mit Blick auf mögliche Engpässe in der Energieversorgung in den kommenden Monaten.
Grund für die laut Bundesprognose steigenden Steuereinnahmen ist unter anderem die hohe Inflationsrate. Solange die Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Konsum nicht einschränken, begünstigt die Inflation Steuereinnahmen. Denn wenn Waren teurer werden, steigen auch die Einnahmen aus den Steuern, die darauf zu entrichten sind. Vor allem die Mehrwertsteuer spült mehr Geld in die Kassen. Auch die Beschäftigtenzahl hat einen positiven Effekt auf die Steuereinnahmen: Wenn viele Menschen angestellt sind, fließen mehr Lohn- und Einkommensteuereinnahmen in die Staatskasse.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und im Herbst. In dem Gremium sitzen Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und Vertreter der Länderfinanzministerien sowie der Kommunen.