Karlsruhe (dpa) – Unter welchen Voraussetzungen kann von einem Internetprovider eine Netzsperre verlangt werden? Darüber fällt der Bundesgerichtshof (BGH) an diesem Donnerstag (8.30 Uhr) erneut ein Urteil. Zugrunde liegt eine Klage von Wissenschaftsverlagen gegen die Telekom (Az. I ZR 111/21). Die Verlage aus Deutschland, den USA und Großbritannien beanspruchen eine Sperre von Internetseiten der Dienste «LibGen» und «Sci-Hub», weil dort Artikel und Bücher ohne Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht wurden.
Das Oberlandesgericht München hat die Klage abgewiesen: Die Verlage hätten sich demnach zunächst an den in Schweden ansässigen Host-Provider der beiden Internetdienste wenden müssen. Host-Provider sind Internetanbieter, die ihre Server für die Inhalte anderer Nutzer bereitstellen.
Der BGH hatte bereits 2015 entschieden, dass die Telekom und andere Internet-Provider illegale Seiten im Web sperren müssen – aber nur dann, wenn die Rechteinhaber alles unternommen haben, um gegen die Raubkopierer vorzugehen. Kernfrage im aktuellen Fall ist: War es den Verlagen zuzumuten, zunächst den Host-Provider in Schweden in Anspruch zunehmen? «Eine Sperrung ist das letzte Mittel», betonte der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch bei der Verhandlung im Juni. Er verwies auf die Gefahr, dass so auch der Zugang zu legalen Inhalten gesperrt werden könnte.