Berlin/London/Paris (dpa) – Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future ruft für diesen Freitag erneut zu Protesten im Kampf gegen die Erderhitzung auf. Angekündigt sind Demonstrationen und Kundgebungen auf allen Kontinenten. Allein in Deutschland sind 250 Aktionen geplant. Mit dabei ist die Gewerkschaft Verdi, die zu Warnstreiks im Nahverkehr in mehreren Bundesländern aufgerufen hat. Verdi und die Aktivisten fordern mehr Geld für den Ausbau von Bus und Bahn, damit der klimaschädliche Autoverkehr abnimmt.
Die Aktivistin Luisa Neubauer sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, man wolle mit den Demos auch die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP unter Druck setzen. «Es heißt jetzt zu handeln, die Politik muss endlich in einen echten Krisenbewältigungsmodus schalten.» Die Bundesregierung sei der Bevölkerung einen Plan schuldig, wie sie den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in Deutschland bis 2030 «radikal herunterfahren» und Menschen vor der Klimakatastrophe schützen wolle.
Für Deutschland fordert Fridays for Future unter anderem einen Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035 sowie das sofortige Ende der Subventionen für fossile Energieträger und einen Ausbaustopp für Autobahnen. Der aktuelle Streikaufruf beklagt, dass zurzeit in hohem Tempo Terminals zum Import von Flüssiggas hierzulande errichtet werden, während der Ausbau der erneuerbaren Energien immer noch stocke.
Ukraine-Krieg befeuerte Energiekrise
Auf internationaler Ebene ist eine Kernforderung an die Politik, weltweit die Finanzierung aller Öl- und Gasprojekte zu stoppen, um die drohende Klimakatastrophe noch abzuwenden und das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Gemeint ist das 2015 bei der UN-Klimakonferenz in Paris vereinbarte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Schon jetzt hat sich Erde um etwa 1,1 Grad aufgeheizt, in Deutschland sind es sogar 1,6 Grad. Die fatalen Folgen sind, je nach Region, häufigere und heftigere Stürme, Dürren, Überflutungen und Hitzewellen. Im internationalen Streikaufruf heißt es dazu, jeder Dollar, der in die Finanzierung fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle fließe, sei «mit Blut befleckt».
Die klimaschädlichen Subventionen, die weltweit Öl, Gas und Kohle verbilligen, sind im vergangenen Jahr nach Daten der Internationalen Energie-Agentur (IEA) steil nach oben geschossen. Befeuert von der Energiekrise im Zuge des Ukraine-Kriegs durchbrachen die Subventionen erstmals die Marke von einer Billion US-Dollar – und lagen damit doppelt so hoch wie noch 2021.
«Mehr erreicht, als man jemals für möglich gehalten hat»
Inspiriert wurden die Klima-Demos von der Schwedin Greta Thunberg, die sich im August 2018 als 15-Jährige erstmals zu einem «Schulstreik fürs Klima» vor das Parlament in Stockholm gesetzt hatte.
Die danach entstandene Klimaschutzbewegung hat aus Sicht Neubauers seither eindrucksvolle Erfolge erzielt – trotz der Schwierigkeiten während der Corona-Krise und des aktuell starken Fokus auf den Ukraine-Krieg. «Mit einer vereinten Zivilgesellschaft haben wir in den letzten vier Jahren mehr erreicht, als man jemals für möglich gehalten hat», sagte sie. «Ohne uns gäbe es kein historisches Klima-Urteil vom Bundesverfassungsgericht. Wir haben erfolgreich für ein Klimagesetz gekämpft. Der Kohleausstieg ist in Sicht, und für jeden Konzern sind Klimaziele heute eine Selbstverständlichkeit.» Auch große Gewerkschaften hätten sich Fridays for Future angeschlossen, Kirchen ebenso, sagte sie.