Berlin (dpa) – Knapper geht es kaum: Nach der Wiederholungswahl in Berlin verteidigt die SPD nun endgültig Platz zwei vor den Grünen – mit gerade mal 53 Stimmen Vorsprung. Klarer Wahlsieger ist die CDU. Das geht aus dem endgültigen Ergebnis hervor, das der Landeswahlausschuss feststellte.
Der hauchdünne Vorsprung könnte zur Folge haben, dass die seit Dezember 2021 amtierende Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) im Rathaus bleiben kann, wenn die bisherige Koalition aus SPD, Grünen und Linken weitermacht. Denn die SPD wäre in dieser Konstellation die stärkste Partei – wenn auch nur mit 53 Stimmen Vorsprung.
Doch es gibt auch noch andere Optionen zur Regierungsbildung. CDU-Wahlsieger Kai Wegner will eine Koalition mit SPD oder Grünen bilden. Wer mit wem in Koalitionsverhandlungen tritt, ist noch offen.
Seit 17. Februar loten die Parteien in unterschiedlichen Formaten aus, ob es eine Basis für Koalitionsverhandlungen und eine gemeinsame Regierung gibt. Und noch sind diese Sondierungsgespräche nicht abgeschlossen.
Heute sondierten SPD, Grüne und Linke zum dritten Mal. Am Dienstag kommen CDU und Grüne zu ihrem dritten Treffen zusammen. Ab Mitte der Woche ist dann mit Entscheidungen der Parteigremien zu rechnen, mit welchen potenziellen Partnern sie über ein Bündnis verhandeln wollen.

FDP nicht im Parlament
Laut endgültigem Ergebnis gewann die CDU die Wahl am 12. Februar klar mit 28,2 Prozent. SPD und Grüne bekamen je 18,4 Prozent. Die Linke kam bei der Wahl auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1 Prozent. Die FDP verpasste mit 4,6 Prozent den Wiedereinzug ins Parlament.
An den kurz nach der Wahl vorläufig festgestellten Stimmanteilen der Parteien und der Sitzverteilung änderte sich damit nichts. Im neuen Landesparlament sitzen 159 Abgeordnete. Die CDU hat 52 Sitze, SPD und Grüne haben je 34 Sitze. Die Linke verfügt über 22 Sitze und die AfD über 17 Sitze. Die Wahlbeteiligung wurde von ursprünglich 63,0 auf 62,9 Prozent korrigiert.
Die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof wegen «schwerer systemischer Mängel» und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt. Gleichzeitig ordnete er eine komplette Wiederholung an.
Nach dem vorläufigen Ergebnis dieser erneuten Abstimmung hatte der Minivorsprung der SPD vor den Grünen noch 105 Stimmen betragen – bei jeweils rund 279.000 Zweitstimmen für beide Parteien. Schon dieser knappe Abstand hatte Spekulationen genährt, dass sich die Grünen infolge der nach Wahlen üblichen Ergebnisüberprüfung und teilweisen Nachzählungen noch vor die Sozialdemokraten schieben könnten.
Das ist nun aber nicht der Fall. Der geschrumpfte Vorsprung der SPD habe auf die laufende Regierungsbildung keinen Einfluss, sagte Grünen- Spitzenkandidatin Bettina Jarasch zum endgültigen Ergebnis, dessen Entwurf bereits am Wochenende nach Recherchen der «Bild am Sonntag» bekannt geworden war. Die nunmehr ganz offiziellen Zahlen bringen somit etwas mehr Klarheit im Prozess der Regierungsbildung.
«Berlin kann Wahlen»
Landeswahlleiter Stephan Bröchler zog.eine positive Bilanz des erneuten Wahlgangs. «Die Durchführung der ersten Wiederholungswahl war ein Erfolg», sagte er in der Sitzung des Wahlausschusses. «Wir haben Vertrauen in die Demokratie zurückgewonnen», so Bröchler. «Berlin kann Wahlen.»
Das sei aber kein Grund, nun die Hände in den Schoß zu legen. «Wir müssen besser werden und aus Fehlern lernen.» Nötig sei jetzt, Strukturreformen anzugehen, etwa ein Landeswahlamt aufzubauen und die Rolle des Landeswahlleiters zu stärken.
Der Landeswahlausschuss beschäftigte sich auch mit einem sehr knappen Erststimmenergebnis in einem Wahlkreis im Stadtbezirk Lichtenberg. Er lehnte eine von Linken-Vertretern geforderte Nachzählung aber mehrheitlich ab. Es bleibt dort also beim Sieg des CDU-Direktkandidaten Dennis Haustein mit zehn Stimmen Vorsprung vor der nächstplatzierten Linke-Kandidatin Claudia Engelmann. Der Bezirk Lichtenberg hatte Schlagzeilen gemacht, weil 466 Wahlbriefe von Briefwählern am Wahltag zunächst liegengeblieben waren. Nachträglich wurden sie noch gezählt und flossen damit in das Wahlergebnis ein.