Für einen besseren Draht zwischen Klassenzimmer und Zuhause
Bereits seit rund einem Jahr ist für viele Landkreisschüler wenig so wie vorher: Sie werden mal im Distanzunterricht, mal im Wechsel mit ihren Klassenkameraden und mal im eingeschränkten Präsenzunterricht „belehrt“. Was alle diese Ansätze gemeinsam haben: Irgendjemand bleibt immer daheim – und seien es Mitschüler, welche aufgrund von Vorerkrankungen besonders vor Ansteckungen geschützt werden müssen. Über das Internet wurde schon im letzten Jahr versucht, die „Daheimlernenden“ am Unterricht im Klassenzimmer teilnehmen zu lassen – dabei traten aber oftmals technische Probleme oder Unzulänglichkeiten in der Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden auf.

Das Ostendorfer Gymnasium will nun neue Wege beschreiten und kooperiert dabei mit der Friedrich-Alexander Universität (FAU) in Erlangen. Dort wurde ein neues System entwickelt, welches den vielsagenden Namen „Lehromat“ trägt. Dieses besteht im Grunde aus einem kleinen Tisch, welcher an prädestinierter Stelle im Klassenzimmer positioniert wird: Darauf befinden sich handelsübliche Hardware-Komponenten, darunter ein Windows-basierter Rechner samt Bildschirm, Webcams und verschiedene Mikrofone, welche teilweise als Kopfbügelvariante von der Lehrkraft getragen werden, teilweise im Raum positioniert werden. All das soll es möglich machen, dass das Geschehen im Klassenzimmer per Internet übertragen wird, „Daheimgebliebene“ die Äußerungen von Lehrern und Schülern mitverfolgen und sich auch aktiv durch Wortmeldungen beteiligen können. Ostendorfer-Gymnasiasten und Vertreter der FAU haben vor rund zwei Wochen – als für die höheren Jahrgangsstufen Präsenzunterricht stattfand − im Rahmen eines Vormittags-Projektes mehrere Lehromaten-Einheiten zusammengebaut.
Ein Vorteil der Konstruktion sind die verschiedenen möglichen Kameraeinstellungen: Durch Tastendruck kann der Schüler wählen, ob er die gesamte Klasse, die Lehrkraft, eine Dokumentenablage oder zum Beispiel die Präsentation auf einem optional anschließbaren Gerät (z.B. Lehrerlaptop) angezeigt bekommt. Auf der anderen Seite der Internetleitung ist dafür keine besondere Technik nötig: Der Schüler zu Hause kann sich über sein eigenes Smartphone oder den heimischen Laptop mit dem Lehromaten verbinden. „Die Ausstattung in manchen Familien war diesbezüglich gerade zu Beginn der Pandemie nicht immer optimal, wir bieten inzwischen aber sowohl Leihgeräte als auch Betreuung bei deren Einrichtung an“, erzählt Karlheinz Dölle, Schulleiter am Ostendorfer Gymnasium.
„Kommerzielle Videokonferenzsoftware mit ähnlichen Funktionen ist für die meisten Schulen nicht erschwinglich“ – deshalb knüpfte er bereits in seiner vormaligen Wirkungsstätte, dem Hans-Sachs-Gymnasium in Nürnberg, Kontakte zur Friedrich-Alexander-Universität, welche ihr Know-How kostenlos zur Verfügung stellt. „Wir verfolgen keine monetären Absichten, sondern möchten letztendlich, dass die Schüler das System im Praxiseinsatz testen und auch Verbesserungsvorschläge geben“, betont Prof. Dr. Thorsten Pöschel von der FAU. In den nächsten Wochen sollen die Lehromaten, deren Technikkomponenten auch durch Unterstützung des Ostendorfer-Fördervereins angeschafft werden konnten, auf Herz, Nieren und Alltagstauglichkeit geprüft werden.