Ein Ort der großen Ruhe (und der kleinen Wunder)
„Die Art, wie Glaube praktiziert wird, hat sich schon verändert“, meint Karl Klebl – und seine These bestätigt sich jeden Tag quasi vor der eigenen Haustür. Rund zwei Jahre ist es her, dass er mit vielen engagierten Helfern vom örtlichen Bruder-Klaus-Verein einen Kreuzweg realisierte, welcher im Tal zwischen Berngau und dem Ortsteil Wolfsricht liegt und im Juni 2019 eröffnet wurde. In Eigenleistung wurden die 15 Stelen, zusätzliche Informationstafeln sowie Sitzmöglichkeiten aufgestellt.

Schon in den Monaten nach seiner Einweihung erfreute sich der Weg großer Beliebtheit, doch mit dem Beginn der Corona-Pandemie wuchs der Zuspruch noch mal merklich an. „Gerade im letzten Jahr, in dem manche Menschen nicht in Kirchengottesdienste gehen wollten oder konnten, kamen sie hierher, um Ruhe zu finden und auch an den Stelen zu beten“, erzählt Klebl. Doch auch aktuell vergeht kein Tag, an dem der Kreuzweg ohne Besucher bleibt – gerade an den Wochenenden oder Feiertagen kann er viele Gäste aus der Oberpfalz und Franken verzeichnen. „Ich kam neulich mit einem Besucher aus dem Raum Burgthann ins Gespräch – er erzählte mir, dass er inzwischen jeden Freitag hierher fährt, um abschalten zu können.“ Die aktuelle Situation mit ihren eingeschränkten Reise- und Zerstreuungsmöglichkeiten lässt viele Menschen nach „Paradiesen“ in der näheren Umgebung suchen.
Und Ruhe und Inspiration lässt sich tatsächlich finden – an und zwischen den 15 Stelen mit ihren handgeschnitzten Motiven. In der Ferne hört man hin und wieder einen Traktor seine Feldarbeit verrichten, direkt vor Ort ist jedoch das Plätschern eines Bachlaufes die einzige durchgehende Geräuschkulisse. Dieser wurde von Mitgliedern des Bruder-Klaus-Vereins nach der Einweihung des Kreuzweges noch teilweise freigelegt und bietet nun allen Besuchern einen Platz zum Verweilen – und eine Möglichkeit, die Füße im kühlen Nass zu erfrischen. Ob der Ort eine positive Wirkung hat, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden – eine gewisse „heilende Aura“ konnte in Wolfsricht schon beobachtet werden: Vor dem Kreuzweg realisierten Klebl und der Verein bereits eine Bruder-Klaus-Kapelle und steckten rund 4300 Stunden Arbeit in den Bau einer Dorfhalle am Ortseingang.
„Wir hatten mal eine Besuchergruppe aus Neumarkt zu Gast, welche zuerst die Kapelle besichtigte und anschließend in der Dorfhalle Kaffee und Kuchen genoss“, erinnert sich Klebl. Sechs der Besucherinnen waren auf Rollatoren angewiesen, vor der Heimfahrt im Bus fiel jedoch auf, dass eine der Gehhilfen fehlte – sie befand sich noch an der Kapelle. „Diese Dame muss also – ohne es zu bemerken – die rund 100 Meter von dort bis zur Dorfhalle ohne Rollator zurückgelegt haben – und das in einer Zeit, wo man nicht mehr so gerne von Wundern spricht.“